Zusammenfassung Ziel Die Herstellung von pflanzlichen bäuerlichen Hausmitteln wird seit jeher von Tierhalter*innen in Eigenverantwortung praktiziert und sie finden auch heute noch auf vielen landwirtschaftlichen Betrieben Verwendung im Alltag. Um diese Praxis zu dokumentieren, wurde in den Jahren 2018–2021 eine ethnoveterinärmedizinische Studie in Bayern durchgeführt. Material und Methoden Die Landwirt*innen wurden vor Ort interviewt und die berichteten Rezepturen detailliert dokumentiert und wo möglich auch im Rahmen der Interviews hergestellt. Dabei wurden die eingesetzten Pflanzenteile mittels einer Laborfeinwaage nachgewogen, um letztlich für möglichst viele dieser tradierten Anwendungen eine Tagesdosis je Tier bzw. die Konzentration im Endprodukt errechnen zu können. Ergebnisse Insgesamt wurden in den 77 Interviews 716 Rezepturen für 884 Anwendungen von den Landwirt*innen genannt. Zwei Drittel (69%) der genannten Rezepturen bestanden aus einer oder mehreren Pflanzenarten und 31% befassten sich mit anderen naturstofflichen Hausmitteln (Honig, Essig, etc.). Insgesamt bevorzugten die befragten Landwirt*innen den Einsatz von Einzelpflanzen in ihren Rezepturen. Die meisten Anwendungen wurden von den Teilnehmer*innen für Rinder berichtet (77% aller Berichte). Mit Abstand am häufigsten wurden diese traditionellen Hausmittel in den bayerischen Ställen zur Prophylaxe und Verabreichung bei gastrointestinalen Erkrankungen und metabolischen Störungen eingesetzt. Außerdem ergab sich eine hohe Übereinstimmung der eingesetzten Pflanzenarten mit beschriebenen Anwendungen aus 2 historischen Fachbüchern. Die Studienteilnehmer*innen setzten ihre Hausmittel mit hoher Zufriedenheit ein. Schlussfolgerung und klinische Relevanz Dieses tradierte und seit Generationen weitergegebene Wissen zu pflanzlichen und damit wirkstoffhaltigen Zubereitungen kann auch für die tierärztliche Praxis eine gute Ausgangsbasis für eine phytotherapeutische Ergänzung zur Behandlung von Nutztieren sein. Arznei- und futtermittelrechtliche Rahmenbedingungen müssen hierbei selbstverständlich eingehalten werden.