Ausgehend von theoretischen Überlegungen zum Konzept der Bildungssprache untersucht die vorliegende Studie, ob sich für Kinder mit nicht-deutscher Familiensprache im Vergleich zu Kindern mit deutscher Familiensprache bei der Verarbeitung von Bildungssprache besonders ausgeprägte Leistungsnachteile ergeben. Im Rahmen eines experimentellen Designs bearbeiteten 1053 Grundschülerinnen und Grundschüler unterschiedlicher sprachlicher Herkunft Hörverstehensaufgaben, deren Stimulustexte sich systematisch hinsichtlich bestimmter lexikalischer und grammatischer Merkmale der Bildungssprache unterschieden. Mehrebenenanalytisch zeigte sich, dass die Hörverstehensleistungen der Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Familiensprache unabhängig von der sprachlichen Komplexität der Texte geringer waren als die Leistungen der monolingual deutschsprachigen Schülerinnen und Schüler. Jedoch erzielten auch Kinder mit deutschem Sprachhintergrund bei Texten mit einem bildungssprachlich geprägten Wortschatz geringere Leistungen. Differenzielle Effekte bildungssprachlicher Anforderungen auf die Hörverstehensleistungen von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlicher Familiensprache ergaben sich hingegen nicht. Die Relevanz der Befunde für die Konzeptualisierung von Bildungssprache und ihre Erfassung wird diskutiert.