Insofern als das Recht eines der Instrumente darstellt, durch die Gesellschaften das Problem der gesellschaftlichen Ordnung zu losen versuchen, ist es nicht verwunderlich, dass Jugend, Recht und Kriminalitat in einem Spannungsverhaltnis stehen. Versteht man Jugend als eine kritische und entscheidende Phase der lebenslangen Sozialisation, die im Idealfall in einer Einpassung des jungen Erwachsenen in die gegebene gesellschaftliche Ordnung mundet, durch die gleichzeitig kulturelle und soziale Traditionen aufrecht erhalten, aber auch neue Denk- und Verhaltensweisen eingebracht werden, wird das besondere Verhaltnis der Jugend zum Recht verstandlich. In seiner allgemeinsten Bestimmung bezeichnet Recht alle Verhaltensregeln, bei deren Ubertretung eine Sanktion droht oder eine autorisierte Instanz einschreiten kann. Da in ausdifferenzierten Gesellschaften die Zahl und die Komplexitat dieser Verhaltensregeln immer groser und weniger durchschaubar werden, wird es auch immer schwerer, im Sozialisationsprozess die geltenden Normen hinreichend transparent und verbindlich zu machen. Zwar hat sich die Zahl jener Rechtsregeln, die Strafrechtstatbestande festlegen, kaum erhoht, doch das eigentliche Problem fur die Sozialisation besteht nicht so sehr bzw. nicht allein darin, die entsprechenden Normen an sich zu vermitteln, sondern jene Regeln zu implementieren, nach denen diese Normen — z.B. situationsspezifisch — anzuwenden sind. Zweitens schlieslich wird nach Max Weber das Recht neben der Religion, der politischen Herrschaft, der Okonomie etc. als ganz wesentlicher Bereich der Sozialstruktur angesehen.